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Berlin, Berlin

Von Bolle bis Dickes B - Die Berlinrevue der vierten Klassen

Der kalte Januar, wenn sämtliche Weihnachtsfeiern überstanden und alle Klassenarbeiten geschrieben sind, ist er nicht wie geschaffen, um ihn mit den Schülern für die Vorbereitung einer unterhaltsamen Bühnenaufführung zu nutzen? Das dachten sich die Klassenlehrerinnen und Erzieherinnen der vierten Klassen.
Worum sich alles drehen sollte, wurde quasi auf dem Tablett serviert:
Das große Thema Berlin nimmt im Sachunterricht der vierten Klasse einen gewichtigen Platz ein - und lässt sich wunderbar auf andere Fächer übertragen. Berliner Sehenswürdigkeiten können nicht nur erkundet, sondern auch gezeichnet und gemalt und die sprachlichen Eigenarten der Berliner in vielen Redewendungen, Sprüchen und Witzen erforscht werden. Unser schönes Zuhause wurde in den vergangenen hundert Jahren von seinen Bewohnern in zahlreichen Liedern in den verschiedensten Musikrichtungen besungen. Aus dieser Vielfalt die richtige Auswahl zu treffen - das war eine Herausforderung auf dem Weg zur großen Show, die am 28. Januar um 16.00 Uhr im Cäcilien-Saal, unserer großartigen Aula, stattfinden sollte.

  
  
So ergab es sich, dass an besagtem Donnerstagnachmittag, einen Tag vor der
Ausgabe der Halbjahreszeugnisse, rund sechzig Viertklässler in weißen Hemden und Kniebundhosen, Hosenträgern und Schiebermützen, Kniestrümpfen, Blusen und Faltenröckchen, mit geflochtenen Zöpfen und Hütchen die große Bühne betraten und das gute alte Lied von Bolle, der zum Feiertagsvergnügen nach Pankow reist, mit derben Worten, baumelnden Beinen und großem Amüsement bis in die Kuppel des Saals schmetterten und damit die Berlinrevue eröffneten.
Alexander und Emma, die beiden Moderatoren führten das Publikum kess und charmant durch den Nachmittag, jeder auf seine Art. Dabei ließen sie sich fast vergessene Berliner Redensarten genüsslich auf der Zunge zergehen und überspielten kleinere Pannen souverän.
 
  
  
  
  
  
Die Klasse 4c brachte Berliner Sprüche und Witze auf die Bühne. Das Publikum erlebte Felix, der in JottWeDe wohnt, Roswitha, die ihren Mund zu weit uffreißt, und Emily, die sich wundert, warum ihre Brombeere Beene hat. Natürlich saß auch der Klopsesser am Tisch, der sich über das Klopfen an der Tür wundert und schließlich selber draußen steht.
 
  
  
  
Aus Zeiten der Weimarer Republik wurde die Stimme von Claire Waldoff wiedererweckt und zu ihrem berühmten Gassenhauer "Es gibt nur ein Berlin" gesungen und getanzt. Zumindest die Kinder hatten noch lange einen Ohrwurm.
 
  
  
  
Wir übersprangen das dunkelste Kapitel Deutschlands, das Dritte Reich, und reisten mit der Klasse 4b direkt ins (West-)Berlin der Fünfziger Jahre. Auf die Bühne hatte sich eine englischsprachige Reisegruppe verirrt auf der Suche nach den Berliner Sehenswürdigkeiten. Statt der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskriche, der Kongresshalle, dem Funkturm und dem (Ost-)Berliner Fernsehturm zeigten ihnen die Berliner allerdings nur den Hohlen Zahn, die Schwangere Auster, den Langen Lulatsch und den Telespargel - lauter eindrucksvolle Gebäude, die seltsamerweise gar nicht im englischen Reiseführer erwähnt wurden.
Musikalische Badefreuden gab es hinterher am Wannsee, dem Conny Froboess 1951 mit "Pack die Badehose ein" ein Denkmal setzte.
 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Die 4a wagte es, politisch zu werden: Mit wenigen Handgriffen wurde die Berliner Mauer auf der Bühne aufgebaut. Auf beiden Seiten der Mauer spielten sich kurze effektvolle Szenen aus dem getrennten Stadtleben ab. Für einen Moment lebten in Ostberlin die friedlichen Demonstrationen von 1989 auf. Der Sprechchor "Wir sind das Volk" hallte ins Publikum und ging unter die Haut und das freudige Sich-in-die-Arme-Fallen der Menschen, als die Mauer in sich zusammenfiel und den Weg freigab, erinnerte daran, dass das heutige Zusammenleben in Berlin als ganzer Stadt lange Jahre nicht selbstverständlich war.
 
  
  
  
  
  
Musikalisch wurde es punkig bunt mit DEM Berlinsong der Neuen Deutschen Welle "Ich steh' auf Berlin" der Band Ideal. Die 4a ließ es ganz groß krachen und tanzte bis zur Erschöpfung, mitreißend und voll aufrührerischer Energie.
 
  
  
  
Auch die Pädagogen waren sich nicht zu schade, sich auf der Bühne ein wenig selbst auf die Schippe zu nehmen. In einer kurzen Szene zeigten sie eine morgendliche Fahrt mit der U-Bahn zum Bahnhof Güntzelstraße - untermalt mit der Musik aus dem berühmten Musical "Linie 1" des Gripstheaters.
 
  
  
  
Das große Finale brachte wieder alle drei Klassen zusammen. Die Reise durch hundert Jahre Berlin endete im 21. Jahrhundert mit einem Berlinsong, der den meisten Kindern endlich von zu Hause vertraut war: Seeds "Dickes B" wurde gerappt, getanzt und gefeiert. Dafür reichten die Bühnenbretter nicht aus. Die Kinder sprangen von allen Seiten aus der Aula hervor, längst hatten sie Hosenträger und Faltenrock abgeworfen und sich in Partyklamotten geschmissen und machten genau das:
Eine Party feiern auf unsere bunte, bewegte Stadt und die Menschen, die hier wohnen!

M. Reinicke
 

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